„Ich denke und lebe mit dem Herzen“


Die 37-jährige Kerstin Fabian ist ein aktiver Mensch. Gemeinsam mit ihrem Mann fährt sie Mountainbike, liebt das Wandern und bezwingt die Zugspitze. Im Jahr 2022 ändert sich ihr Leben jedoch von einem Tag auf den anderen. Nach auffälligem zytologischen und HPV-Befund bei der Krebsvorsorge wird sie an die zertifizierte Dysplasie-Sprechstunde der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) überwiesen. Die Diagnose: Gebärmutterhalskrebs. Die sich anschließende Behandlung am zertifizierten Gynäkologischen Krebszentrum an der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe verläuft erfolgreich. Und Kerstin Fabian behält ihre positive Lebenseinstellung und besiegt den Krebs. „Ich denke und lebe mit dem Herzen. Ich hatte Angst, dass ich nie wieder die werde, die ich mal war. Doch ich habe gelernt, mir selbst wieder zu vertrauen. Heute bin ich stärker als vorher“, erzählt die Eichsfelderin. Sie entdeckt das Wandern für sich und macht im Sommer 2025 eine Alpenüberquerung. An sechs Tagen läuft sie mit sechs Freund*innen 82 Kilometer und erklimmt den mit 3.019 Meter höchsten Punkt der Tour – ohne körperliche Einschränkungen.
Regelmäßige Vorsorge kann Leben retten
Bei einer routinemäßigen Krebsvorsorge zeigt sich bei Kerstin Fabian ein auffälliger HPV-Befund. HPV steht für Humane Papillomviren. Diese sind in über 90 Prozent der Fälle der Auslöser für Gebärmutterhalskrebs. Die gelernte Altenpflegerin wird zur weiteren Abklärung in die zertifizierte Dysplasie-Sprechstunde der UMG überwiesen. Diese Spezialsprechstunde dient der Früherkennung und Behandlung von Zellveränderungen am Gebärmutterhals. Da bei Kerstin Fabian bereits früher zwei sogenannte Konisationen durchgeführt wurden, um erkranktes Gewebe zu entfernen, entscheidet sich das Team der Ärzt*innen um Prof. Dr. Julia Gallwas, Direktorin der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der UMG, für einen speziellen leitliniengerechten operativen Eingriff.
Bei dem Eingriff entnehmen die Operateur*innen zunächst Lymphknotengewebe zum Staging. Als Staging wird der Prozess bezeichnet, um die Größe und Ausbreitung des Tumors zu bestimmen. In diesem Fall wurde der sogenannte Sentinel-Lymphknoten, auch Wächter-Lymphknoten genannt, entnommen, denn hier wurde ein Tumorbefall nachgewiesen. Sentinel-Lymphknoten dienen als „Wächter“ für die Ausbreitung von Krebszellen. Sie werden markiert und entnommen, um festzustellen, ob der Krebs gestreut hat. Auf den Eingriff folgen eine Strahlen- und Chemotherapie sowie eine Brachytherapie. Bei der Brachytherapie wird die Strahlenquelle direkt im Tumor platziert. So kann eine hohe Dosis gezielt auf das Krebsgewebe wirken, während umliegendes gesundes Gewebe geschont wird. Die Therapie verläuft erfolgreich, doch die Nebenwirkungen wie Geschmacksverlust, Übelkeit und Konzentrationsstörungen begleiten die Eichsfelderin über Monate. Halt findet Kerstin Fabian, bei den Kolleg*innen der Psychoonkologie des UniversitätsKrebszentrums Göttingen (G-CCC), die sie während der gesamten Therapie begleiten und ihr helfen, neues Selbstvertrauen zu entwickeln.
Sport ist Motivator
Nach Monaten intensiver Therapie beginnt für die Eichsfelderin der Weg zurück in den Alltag. Ihr Mann und ihre Familie sowie ihre Freund*innen sind ihr während der gesamten Zeit eine wichtige Stütze. Der Sport ist ihr Antrieb. Sie läuft, schwimmt, macht Tabata, ein hochintensives sportliches Intervalltraining, und fährt wieder Mountainbike. Im Mai 2025 läuft sie beim Charity-Lauf „Laufen fürs Leben“ des UniversitätsKrebszentrums Göttingen mit. Und wenige Wochen später überquert sie die Alpen: Mit sechs Freund*innen läuft sie an sechs Tagen insgesamt 82 Kilometer von Oberstdorf (Deutschland) nach Meran (Italien). Die Tour führt sie über alpine Pässe, vorbei an steilen Anstiegen und teilweise auch durch Gelände mit Schneefeldern oder kurzen Kletterpassagen, bis sie den höchsten Punkt auf 3.019 Metern auf der Similaunhütte erreichen. „Es gab Momente, vor denen ich großen Respekt hatte, aber Aufgeben war keine Option. Die Krankheit hat mir gezeigt, was wirklich zählt und dass ich stärker bin, als ich dachte. Heute bin ich wieder die, die ich mal war“, sagt Kerstin Fabian.
„Gebärmutterhalskrebs ist weltweit die vierthäufigste Krebserkrankung bei Frauen“, sagt Prof. Gallwas. „Trotzdem haben wir in Deutschland mit nur zirka 50-60 Prozent immer noch eine geringe HPV-Impfquote. In anderen Ländern ist die Impfquote höher – wir können also besser werden. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt, die Impfung zwischen dem 9. und 14. Lebensjahr durchzuführen. Sie sollte vor dem ersten Geschlechtsverkehr abgeschlossen sein, um so einen sehr wirksamen Schutz zu bieten. An Patientinnen wie Frau Fabian sehen wir, wie wichtig Früherkennung und Aufklärung sind.“
Besondere Expertise im UniversitätsKrebszentrum der UMG
Das Gynäkologische Krebszentrum der UMG ist seit 2008 von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifiziert. Die Einhaltung der hohen Qualitätsstandards wird regelmäßig durch externe Gutachter*innen überprüft. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der operativen Behandlung von Gebärmutterhalskrebs sowie der individualisierten Therapieplanung im interdisziplinären Team. Darüber hinaus bietet die Klinik eine zertifizierte Dysplasie-Sprechstunde zur Abklärung von Zellveränderungen an. Die dort tätigen Ärzt*innen verfügen über ein spezielles Kolposkopie-Diplom und langjährige Erfahrung im Umgang mit HPV-bedingten Erkrankungen.
Hintergrund: Gebärmutterhalskrebs und HPV
In Deutschland erkranken jährlich rund 4.300 Frauen an Gebärmutterhalskrebs. Dank der regelmäßigen Krebsvorsorgeuntersuchung (Pap-Test und HPV-Test) wird die Erkrankung häufig in einem frühen Stadium erkannt und kann gut behandelt werden. Hauptursache ist eine Infektion mit sogenannten Hochrisiko-HPV-Typen (vor allem Typ 16 und Typ 18). Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt, Mädchen und Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren gegen HPV zu impfen. Seit 2006 steht die HPV-Impfung zur Verfügung. Bis zum 18. Lebensjahr wird sie von den Krankenkassen übernommen. Sie ist sicher, gut verträglich und gilt weltweit als wirksamster Schutz gegen Gebärmutterhalskrebs. Die Impfquote in Deutschland ist laut Robert-Koch-Institut (RKI) jedoch gering: Jedes zweite Mädchen und zwei Drittel der Jungen im Alter von 15 Jahren haben keinen Schutz vor HP-Viren.
Ansprechpartnerin Fachbereich:
Prof. Dr. Julia Gallwas, Direktorin der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Telefon 0551 / 39-62501, direktion.ufk(at)med.uni-goettingen.de
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