Bauchspeicheldrüsenkrebs besser erforschen
Die Bauchspeicheldrüse, auch Pankreas genannt, befindet sich im mittleren Oberbauch zwischen Milz, Leber und Magen und ist ein zentrales Organ für viele Verdauungs- und Stoffwechselprozesse im Körper. Sie produziert sowohl Enzyme, die im Darm Eiweiße, Kohlenhydrate sowie Fette spalten und somit wichtig für den Verdauungsprozess sind, als auch Hormone wie Insulin und Glukagon, die den Blutzuckerspiegel kontrollieren.
Durch eine Entartung von Bauchspeicheldrüsenzellen, beispielsweise als Folge einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung, kann Bauchspeicheldrüsenkrebs entstehen. In Deutschland erkranken jährlich etwa 19.000 Menschen daran, wobei die Häufigkeit der Erkrankung in den nächsten Jahren zunehmen wird. Die sogenannte Fünf-Jahres-Überlebensrate, also der Anteil der erkrankten Patienten, die fünf Jahre nach der Diagnose noch am Leben sind, hat sich in den letzten zehn Jahren allerdings kaum verbessert und liegt nach wie vor bei unter zehn Prozent. Grund dafür ist vor allem, dass es keine Vorsorgeuntersuchungen gibt und die ersten Symptome meist erst dann auftreten, wenn die Krankheit durch eine Operation nicht mehr heilbar ist. Am UniversitätsKrebszentrum der UMG werden alle Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs im Pankreaskrebszentrum behandelt. Dieses Zentrum ist seit 2016 von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert. Außerdem gibt einen besonderen Forschungsschwerpunkt an der UMG, der das Ziel hat, Bauchspeicheldrüsenkrebs zukünftig früher zu erkennen und die Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern.
Erkenntnisse aus der Forschung fließen in die Klinik und wieder zurück
Die Grundlage hierfür ist die sogenannte „personalisierte Medizin“. Das bedeutet, dass die Behandlung individuell an die spezifischen Bedürfnisse jedes Patienten angepasst werden. Dabei ist es besonders relevant, dass jeder Bauchspeicheldrüsenkrebs ein anderes genetisches Profil hat und unterschiedlich auf Therapien anspricht. Dabei ist nicht jede Erkrankung gleich. Es gibt zahlreiche sogenannte „Subtypen“. Dabei wird der Subtyp nicht nur von molekulargenetischen Eigenheiten im Aufbau des Tumors bestimmt, sondern auch vom Gewebe, welches den Tumor umgibt (Stroma) sowie der Bakterienflora im Tumor und im Darm (Mikrobiom). Je nach Zusammenspiel dieser Faktoren spricht Bauchspeicheldrüsenkrebs unterschiedlich auf die verfügbaren Chemotherapien an. Um die Behandlung von Patienten individuell anpassen zu können, sind zwei Fragen entscheidend: Welche Subtypen gibt es und wie reagiert welcher Subtyp auf spezifische Therapieansätze? Ein Ansatz ist die sogenannte „translationale Forschung“. In der translationalen Forschung werden wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in klinische Behandlungspfade übertragen, die direkt dazu einsetzt werden Therapien weiterzuentwickeln. So werden Erkenntnisse aus dem Labor unmittelbar zur Verbesserung der Patientenversorgung genutzt. Die Erfahrungen aus der Patientenversorgung fließen wiederum zurück ins Labor, wo sie zur Verbesserung der Forschung beitragen. “Um neue therapeutische Möglichkeiten zu entwickeln und die Prognose von Bauchspeicheldrüsenkrebs zu verbessern, müssen wir dringend die zugrundeliegenden biologischen Veränderungen verstehen, die diese Subtypen steuern. Dies wird uns helfen zukünftig präzisere Therapien anwenden zu können,“ so Prof. Dr. Günter Schneider, Professor für translationale Krebsforschung in der Klinik für Allgemein, Viszeral- und Kinderchirurgie der UMG.
Pankreasforschung an der UMG
KFO5002:Klinische Forschungsgruppe untersucht Subtypen
An der Universitätsmedizin Göttingen gibt es eine Reihe von Einrichtungen und Arbeitsgruppen, die in diesen Prozess eingebunden sind. Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Klinische Forschungsgruppe 5002 „Charakterisierung und Targeting der Genomdynamik für eine Subtyp-spezifische Therapie des Pankreaskarzinoms“ untersucht unterschiedliche molekulare Subtypen des Bauchspeicheldrüsenkrebses und evaluiert die Wirksamkeit verschiedener Therapieansätze auf die jeweiligen Subtypen. Ziel der von Prof. Dr. Volker Ellenrieder (Direktor der Klinik für Gastroenterologie, gastrointestinale Onkologie und Endokrinologie und Sprecher des Comprehensive Cancer Centers Niedersachsen) geleiteten Forschungsgruppe ist es, auf Basis der Erkenntnisse der Forschungsgruppe klinische Studien zu konzipieren, die neue, zielgerichtete Therapieansätze bei Bauchspeicheldrüsenkrebs untersuchen. Dabei ist die Gruppe wissenschaftlich breit aufgestellt und reicht von Experten der Gastroenterologie, Chirurgie und Pathologie bis hin zur Humangenetik, Medizin- und Bioinformatik und anderen onkologisch tätigen Wissenschaftlern. Die Forschenden befinden sich in verschiedenen Stadien ihrer wissenschaftlichen Ausbildung, von Promovierenden bis hin zu Professoren.
MolPac: Datenbank verbessert Voraussagen zur Behandlung
Einen weiteren Schlüsselbeitrag zur Forschung leistet das Molekulare Pankreasprogramm (MolPac). Das Programm erstellt und pflegt eine Datenbank mit den klinischen Daten von Patienten, die an der UMG mit Bauchspeicheldrüsenkrebs behandelt werden. Das MolPAC Programm wird von Dr. Marius Brunner aus der Klinik für Gastroenterologie, gastrointestinale Onkologie und Endokrinologie geleitet und vom Institut für Pathologie, der Klinik für Allgemein, Viszeral- und Kinderchirurgie und dem Institut für Humangenetik unterstützt. Ziel dieses translationalen Programms ist es, durch molekularpathologische Charakterisierungen des Tumormaterials molekulare Subtypen des Pankreaskarzinoms zu identifizieren, die von bestimmten Therapieformen profitieren. Auch im Rahmen von randomisierten prospektiven klinischen Studien soll die Behandlung von Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs verbessert werden.
METAPANC – Internationale Studie der Universitätsmedizin Göttingen
Diese neue Studie vergleicht die Behandlung von Pankreaskarzinom-Patienten mit Hilfe einer intensivierten Chemotherapie mit der chirurgischen Entfernung von Metastasen des Bauchspeicheldrüsenkrebses und wurde von Prof. Dr. Michael Ghadimi, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral und Kinderchirurgie, initiiert. Die Studie soll ab Anfang 2022 klären, ob Patienten mit operablem Pankreaskarzinom mit weniger als drei Lebermetastasen von einer multidisziplinären Behandlung inklusive einer Operation profitieren können. Bisher erhalten diese Patienten eine palliative Chemotherapie, jedoch keine chirurgische Behandlung. Insgesamt sollen in dieser international angelegten Studie 400 Patienten über acht Zyklen mit einer sogenannten Induktionschemotherapie vorbehandelt werden. Patienten, bei denen sich der Zustand nicht verschlechtert hat, werden entweder mit einer zusätzlichen Chemotherapie für sechs Zyklen weiter behandelt oder ihnen wird der Tumor mitsamt den Metastasen entfernt. Bei der zweiten Methode können gegebenenfalls weitere sogenannte lokal-ablative Verfahren wie eine Radiofrequenzablation gefolgt von einer Chemotherapie für weitere sechs Zyklen hinzukommen. Anschließend erfolgt eine Beobachtung. Ziel ist es, das Überleben zu verbessern. Ebenso soll im Rahmen dieser Studie die Lebensqualität der Patienten näher untersucht werden. Beteiligt sind die Arbeitsgemeinschaft Chirurgische Onkologie (ACO), Arbeitsgemeinschaft internistische Onkologie (AIO) und die Studiengruppen aus den beteiligten Ländern, den Niederlanden, Finnland und Norwegen. Die Therapie wird in insgesamt 27 ausgewählten High-Volume Zentren durchgeführt, d.h. Zentren mit besonderer Expertise für die Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs, um den hohen Qualitätsanforderungen und strengen Patientenselektionkriterien genüge zu leisten.
Autoren
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Direktor der Klinik für Gastroenterologie, gastrointestinale Onkologie und Endokrinologie
Arbeitsgruppenleiter
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